Nachhaltigkeit ist in erster Linie eine Frage ethischer Haltung, erst dann eine Frage technischer oder sozialer Kompetenz.
Wir müssen nämlich erst einmal realisieren, dass es sich um eine Frage von »Richtig oder Falsch« bzw. »Gut oder Böse«handelt.
Genau dieses Problem spricht Fritjof Capra an: «Die Krise, in der wir uns befinden, ist zuallererst eine Wahrnehmungskrise.»
Unsere ethische Haltung zu Mitmensch und Mitwelt - auch der zukünftigen - bestimmt die Nachhaltigkeit unserer Handlungen. Menschliche Macht, die Welt zu verändern, wird allzu leicht und allzu oft zur Gefahr für Zukunft und Mitwelt statt zu deren Segen.
Wir müssen verstehen lernen, dass wir betroffener Teil dieser Zukunft und Mitwelt sind, nicht deren externe Beherrscher.
Besonders großen Einfluss auf dieses Problemfeld hat unsere heutige Form des Wirtschaftens, die geprägt ist von Wachstumszielen, Konsumorientierung, Gewinnstreben, Materialverbrauch und zunehmender, sich verfestigender Spaltung in Arm und Reich. Hohe Bedeutung kommt also unserer Fähigkeit zu, Wirtschaft mit Ethik zu verbinden, »richtig, weil gut« zu handeln und »falsch, also böse« zunehmend klar und eher zu erkennen und dann entschlossen abzuwählen.
«Sie müssen sich schon entscheiden!» soll Karl Kraus zu einem seiner Studenten gesagt haben, als dieser ihm eröffnete, Wirtschaftsethik studieren zu wollen. Auch ich habe fest an die Wirtschaftsethik geglaubt. Aus heutiger Sicht aber bin ich mehr bei Karl Kraus. Leider! Ethik verändert ihren Charakter nicht, ganz gleich mit welchem Bindestrich man sie versieht oder auf welchem Gebiet man sie anwendet. Man kann und darf sie nicht zurecht biegen wollen, damit sie der Wirtschaft dient.
Nachhaltigkeit ist Angelegenheit weiser Selbstbeschränkung, des Erkennens der Werte und Rechte des Nächsten und der Bedeutung aller Natur - und somit also in hohem Maße eine Frage der Ethik.
Während meiner Zeit als Manager habe ich den Fall des eisernen Vorhangs persönlich auf zweierlei Art empfunden: Als eine Art Umkehrpunkt und gleichzeitig als Sündenfall. Dass er gefallen ist, ist ohne Einschränkung gut, dass wir aber meinten, der Kapitalismus habe sich gegenüber dem Kommunismus als die bessere Lebensform durchgesetzt, war falsch wie überheblich.
Oft muss ich in diesem Zusammenhang daran denken, dass laut Einschätzung des römischen Geschichtsschreibers Tacitus, der Untergang des römischen Imperiums seine Wurzeln hatte in der Vernichtung des ewigen Widersachers Karthago.
Besagte Überheblichkeit dauert aber in unserem aktuellen Fall bis heute an und hielt zum Schaden von Nachhaltigkeit und Ethik siegreichen Einzug ins Denken der meisten Konzerne (Schon vom Dieselskandal gehört?).
Und nicht nur dort: Auch die Politik und wir alle sollten weniger häufig selbstzentriert und egoistisch handeln.
Leider ist Umkehren meist wesentlich schwieriger als Innehalten, denn wer innehält, hat sich noch nicht völlig verlaufen…
Ob man beispielsweise den Wald abholzt, um mit höchster Priorität Schiffe zu bauen zur Sicherung der eigenen Küsten oder um gar die Welt zu beherrschen durch Handel und kriegerische Handlungen.
Oder ob man sich mehr Zeit lässt, weil man den Wald im Takt des Abholzens wieder »nachhaltig« aufforsten möchte.
Das zweite Konzep...Weiterlesen
Ob man beispielsweise den Wald abholzt, um mit höchster Priorität Schiffe zu bauen zur Sicherung der eigenen Küsten oder um gar die Welt zu beherrschen durch Handel und kriegerische Handlungen.
Oder ob man sich mehr Zeit lässt, weil man den Wald im Takt des Abholzens wieder »nachhaltig« aufforsten möchte.
Das zweite Konzept beruht bereits auf der Einsicht, dass die Natur sich verändert durch die Eingriffe des Menschen und dass diese Änderungen auf uns zurückwirken in einer Form, die nachteilig sein kann. Noch sind wir weit entfernt von einer Erkenntnis, dass wir die Welt um uns herum nicht als Objekt sehen und behandeln sollten; schließlich sind wir Teil von ihr. Jagd auf Tiere oder nach Bodenschätzen hat Grenzen. Grenzen müssen wir daher auch unserer Lust und unserer Gier setzen. Teil dieser Welt sind auch unsere Mitmenschen, und natürlich müssen wir unser Verhältnis zu ihnen ebenfalls verträglich, also nachhaltig gestalten; Friede ist besser als Streit oder gar Krieg. Nachhaltig ist Friede mit unserer gesamten Mitwelt.
So gesehen ist Nachhaltigkeit identisch mit der höchsten politischen Aufgabe und steht somit ganz oben auf der Agenda.
Etwa 27% des vom Menschen erzeugten CO2-Gehaltes puffert das Meer bisher durch Aufnahme aus der Atmosphäre ebenfalls ab. Diese zusätzliche Aufnahme führt nach und nach zu einer Übersäuerung des Meeres (beeinflusst u.a. Korallen, aber im Grunde alle biologischen Gleichgewichte!). Legt man globale und lokale Effekte übereinander erhält man die heute registrierte gewaltige Bedrohung des Biotops Erde allein schon aus der Perspektive »Meer«.
Während meines Berufslebens, mehr aber noch in der Zeit danach, habe ich mich intensiv beschäftig mit Aspekten der »Sozialen Unternehmensverantwortung«: Mit »Corporate Social Responsibility« (CSR), Business Ethics, DIN-ISO 26000, Global Reporting Initiative (GRI) oder dem Rat für nachhaltige Entwicklung (RNE).
In den 80er Jahren waren noch glaubwürdige Anstrengungen zu erkennnen, neben der unbedin
Während meines Berufslebens, mehr aber noch in der Zeit danach, habe ich mich intensiv beschäftig mit Aspekten der »Sozialen Unternehmensverantwortung«: Mit »Corporate Social Responsibility« (CSR), Business Ethics, DIN-ISO 26000, Global Reporting Initiative (GRI) oder dem Rat für nachhaltige Entwicklung (RNE).
In den 80er Jahren waren noch glaubwürdige Anstrengungen zu erkennnen, neben der unbedingten Gewinnorientierung nach Art der Chicagoer Schule durchaus vernünftigen Geschäftszweck auch in sozialer Verantwortlichkeit der Unternehmen zu sehen, entsprechende Geschäftsprogramme zu verfolgen und die Unternehmen als »Corporate Citizen« zu etablieren.
Als dann aber die großen Wirtschaftprüfungsfirmen (The BIG 5: Arthur Andersen, Deloitte, Ernst & Young, KPMG, PwC zunehmend wieder gleichzeitig Unternehmensberatung betreiben durften und es auch zunehmend taten, gab es zu Beginn der 2000er Jahre große Verwerfungen. Große Betrügereien führten zu großen Firmenpleiten und Arthur Andersen verlor seine Stellung als Wirtschaftsprüfer (ENRON-Pleite -s. den Film »The Smartes Guys in the Room«).
Außer den Maßnahmen als Folge des ENRON-Falles hat sich aber aber sonst nichts geändert. Das Vertrauen in die Wirtschaft und die Fähigkeit der Politik, diese zu bändigen, ist seitdem nachhaltig zerrüttet, der »Corporate Citizen« ist mit Hilfe der Politik zum Feudalherren mutiert, und immer neue Skandale mit dem Dieselskandal als deutschem Beispiel machen dies zu einem sich bisher eher verfestigenden Dauerzustand.
Aber erst seit den den 80/90er Jahren des vorigen Jahrhunderts erlebte der Begriff sein »Coming out« und wi...Weiterlesen
Aber erst seit den den 80/90er Jahren des vorigen Jahrhunderts erlebte der Begriff sein »Coming out« und wird heute ergänzt durch Begriffe wie »Decroissance« (Latouche), nachhaltiger Konsum, Postwachstum oder DeGrowth. Es hat sich auch eine entsprechende wissenschaftliche Gemeinde gebildet: »R & D« (Research & Degrowth).
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Was ist Gerechtigkeit, woher kommen die Kardinaltugenden, worauf ...Weiterlesen
Was ist Gerechtigkeit, woher kommen die Kardinaltugenden, worauf kommt es im Leben und Zusammenleben wirklich an? Wer den vielen guten Beispielen aus der Geschichte der Menschheit folgt, findet Anleitungen und Konzepte genug und schießt keine Raketen in trockene Moore, übt Raubbau an Natur und Mitwelt oder spaltet arm und reich.
Perspektiven des Rechts am Beispiel »Hambacher Forst«
Recht ist nicht in Stein gehauen; Recht entwickelt sich und ist eine Frage richtiger Abwägung
(Hajo Gscheidmeyer – Bremen, 14.September 2018)
Die dialogische Natur von Recht kam besonders stark zum Ausdruck nach den unruhigen Zeiten des Nationalsozialismus: Vor dem Hintergrund der Geschichte wurde deutlich, dass fundamentaler Rechtspositivismus
...WeiterlesenPerspektiven des Rechts am Beispiel »Hambacher Forst«
Recht ist nicht in Stein gehauen; Recht entwickelt sich und ist eine Frage richtiger Abwägung
(Hajo Gscheidmeyer – Bremen, 14.September 2018)
Die dialogische Natur von Recht kam besonders stark zum Ausdruck nach den unruhigen Zeiten des Nationalsozialismus: Vor dem Hintergrund der Geschichte wurde deutlich, dass fundamentaler Rechtspositivismus zum wiederholten Male in Erklärungsnot geraten war. Einem jüdischen Bürger war aufgrund der Rassengesetze seine Staatsangehörigkeit aberkannt worden. Seine erfolgreiche Klage nach dem Krieg vor dem Bundesverfassungsgericht führte zur Wiedereinsetzung seiner Rechte «so als hätte er sie nie verloren». Zur Erläuterung sagte Richter Udo di Fabio:
«Geschriebenes Recht kann Unrecht sein.»
Das aktuelle Geschehen am Hambacher Forst wirft ähnliche Fragen auf. Protestaktionen gegen die drohende Rodung des Waldes, damit der RWE-Konzern an die darunter liegenden Braunkohlevorkommen gelangen kann, hatten sich bis zum Bau und Bewohnen von etlichen Baumhäusern entwickelt, die nun mit Polizeigewalt geräumt werden sollen. Dazu war extra ein Gesetz geändert worden, das jetzt in der neuen Form festlegt, dass Häuser ohne Verbindung zum Boden illegal sind.
Was dieses positivistische Gesetz aber verschweigt und verdeckt, sind die tieferen Motive des Protests. In den Pariser Klimazielen und »Sustainable Development Goals« (SDG’s) ist verbindlich auch für die einzelnen Länder festgelegt, dass die globale CO2-Entwicklung zu begrenzen sei. Wie andere Länder hinkt auch Deutschland der Erreichung dieser Ziele deutlich hinterher mit einer nach Meinung maßgeblicher Forscher irreversiblen Klimakatastrophe als möglicher Folge. Zudem wird Wiederaufforstung als ein wichtiges zusätzliches Mittel angesehen, mehr CO2in Biomasse zu binden und so einen positiven und zudem nachhaltigen Beitrag zur Erreichung der globalen Ziele zu erreichen.
Die Situation in Hambach verstößt insofern gleich dreifach gegen diese Ziele:
(A) Rodung statt Aufforstung
(B) Statt Kohleausstieg Aktivierung eines weiteren Kohleabbaus - jetzt statt in ferner Zukunft
(C) Gerade der Braunkohletagebau gilt als besonders klimaschädlich
Ob der Protest insofern nicht sogar höheres Recht vertritt als ein Verwaltungsakt zur Durchsetzung privatwirtschaftlicher Interessen, wäre abzuwägen. Gerade deshalb gibt es eine »Leges-Hierarchie«, in welcher eine rechtsstaatliche Verfassung solche Zielkonflikte aus übergeordnetem Blickwinkel heraus klären helfen könnte. Der Übergang des Rechts der Verfassungsgebung auf die Bürger kennzeichnet das Ende des Absolutismus und den Beginn demokratischer Rechtsstaaten. Wichtig wäre dabei, dass diese Verfassung eine vereinbarte Lebensüberzeugung der Bürger*Innen widerspiegelt.
Der wiederkehrende Gang zur Wahlurne ist diesem wirklich fundamentalen Bürgerrecht gegenüber deutlich nachgeordnet.
Die eigentliche Aufgabe und das wesentliche Recht der Bürger in einem demokratischen Rechtsstaat ist es ja gerade, den jeweiligen Rechtsrahmen dieser Verfassung zu durchdenken und gemeinsam festzulegen. Auf die seit bald 70 Jahren bisher nach wie vor fehlende Durchführungsbestimmung zur Umsetzung von Art.146 GG ist hier daher nachdrücklich hinzuweisen und ihre baldige Vorlage dringend anzumahnen und einzufordern.
Beigefügt ist der Abschlussbericht der Kommission, der bestätigt, dass die dominierende Maßzahl in wirtschaftlichen Zusammenhängen, das Brutto-Inlandsprodukt (BIP, bzw. GDP = Gross Domestic Product) völlig ungeeignet ist, das Wohlergehen der Menschen zu erfassen, da es nur die monetären Werte misst und den wahren sozialen Fortschritt oder Zustand vernachlässigt. Wichtig sei es, die Zahlen und Beschreibungen so zu verknüpfen, dass so etwas Vages wie das Bruttosozialglück erfasst werden könnte. Nachstehend der Bericht der Kommission, deren Arbeit in Europa nie ernsthaft diskutiert worden ist, obwohl man hätte erwarten dürfen, dass die jüngste Wirtschaftskrise die Diskussionen eigentlich noch stärker entzündet hätte. Wer nur hat dies in der Versenkung verschwinden lassen? Die Entscheider scheinen sich in dieser Absicht jedenfalls einig gewesen zu sein;
befördert wurde dies noch durch das wahlbedingte Ausscheiden von Nicholas Sarkozy aus der politischen Schaltzentrale im Jahre 2012.
ein solches »Verschwinden« nicht zu dulden, den Fortbestand wichtiger Resultate zu sichern und deren Umsetzung einzufordern.